Kaleido Ostbelgien


Wenn Versagensängste zur Blockade werden

Die meisten Menschen erleben irgendwann die Angst zu versagen oder einer persönlichen oder gesellschaftlichen Anforderung nicht gerecht zu werden.

 

Häufig sorgt diese Versagensangst dafür, sich mehr anzustrengen, sich Hilfe zu suchen oder alternative Lösungen zu finden. In manchen Fällen kann diese Versagensangst jedoch so stark sein, dass der Betroffene sich wie gelähmt fühlt. Es kommt zu einer inneren Blockade, die den Betroffenen hemmt und schließlich zu Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben führt.

Auch bei Kindern und Jugendlichen bleiben Versagensängste nicht aus und können unterschiedliche Bereiche ihres Lebens betreffen. Folgen können eine innere Blockade, Hemmungen, Ängste vor bestimmten Situationen oder Vermeidungsverhalten sein (z. B. Prüfungssituationen oder sportliche Herausforderungen).

Zur Bewältigung von Versagensängsten ist eine enge Zusammenarbeit von Kind oder Jugendlichem, Eltern und Fachleuten unerlässlich.

Was sind Versagensängste?

Im Allgemeinen kann man sagen, dass jede Situation, die eine Person in Stress versetzt oder eine Leistung erfordert, zu Versagensängste führen kann. Somit können diese in nahezu allen Bereichen des alltäglichen Lebens auftreten. Jedoch ist es manchmal schwierig, zu bestimmen, ob die Versagensängste sich in einem normalen Rahmen befinden oder krankhafte Formen annehmen. Meist hilft der Leidensdruck des Betroffenen dabei, dies zu bestimmen.

Der zunehmende Druck sowie die hohen Leistungsanforderungen im schulischen Bereich können dazu führen, dass ein Kind oder Jugendlicher mit Versagensängsten zu kämpfen hat. Diese zeigen sich häufig vor einer bevorstehenden Leistungsanforderung, wie beispielsweise einer Prüfung oder einem Test. In diesem Fall sind die Betroffenen bereits lange vor dem Prüfungstag nervös und aufgeregt. Sie neigen zu pessimistischen Annahmen (z. B.: „Ich werde scheitern und die Prüfung nicht bestehen“) und sind besorgt, den Leistungsanforderungen nicht entsprechen zu können. In den meisten Fällen ist es weniger die Prüfungssituation an sich, als die Vorstellung eines möglichen Misserfolgs, die die Versagensängste hervorruft. 

Aber auch in anderen Bereichen des Lebens, wie beispielsweise in sozialen Interaktionen, können Versagensängste auftreten.

Ursachen und Anzeichen für Versagensängste

In der heutigen Gesellschaft, in der immer häufiger das Augenmerk auf Leistung und Erfolg gelegt wird, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Schule für einige Kinder und Jugendliche zum Objekt der Angst wird. Immer mehr Kinder und Jugendliche haben Sorge, den hohen Leistungsstandards nicht entsprechen und demnach die Leistungsanforderungen nicht erfüllen zu können.

Schulische Überforderung aufgrund von Wissenslücken, Lernschwierigkeiten oder Teilleistungsschwächen (z. B. Dyskalkulie, Legasthenie), kann ist Hauptauslöser für Versagensängste bei Kindern und Jugendlichen. Auch eine unzureichende, zu späte oder schlecht organisierte Vorbereitung auf eine anstehende Prüfung kann Sorgen und Versagensängsten verursachen.

Versagensängste können ihren Ursprung jedoch auch im familiären Umfeld haben. So können hohe Erwartungen, die Eltern in Bezug auf schulische Leistung und Noten haben sowie die bessere Leistung eines Geschwisters dazu führen, dass ein Kind oder Jugendlicher Versagensängste entwickelt.  

Eine weitere Ursache für Versagensängste sind schlechte Erfahrungen. Kinder oder Jugendliche, die in ihrer schulischen Laufbahn Tests oder Prüfungen nicht bestanden haben, haben auch bei der nächsten Leistungsanforderung Angst, diese nicht zu bestehen. Diese Angst kann zur Mitursache eines erneuten Misserfolgs werden. Aber auch Eigenschaften, wie beispielsweise das Selbstbewusstsein oder die Selbstkompetenz, können bei der Entstehung von Versagensängsten eine bedeutende Rolle spielen. Kinder oder Jugendliche, die über ein geringes Selbstbewusstsein verfügen, sind schnell verunsichert und neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen. Zudem fällt ihnen der Umgang mit Misserfolgen oder negativen Erfahrungen häufig schwerer als Kindern oder Jugendlichen, die über ein stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügen. Des Weiteren können Kinder oder Jugendliche mit einem geringen Selbstbewusstsein den Druck verspüren, perfekt sein und Leistung bringen zu müssen, um Anerkennung von ihrem Umfeld zu erhalten.

Zu den ersten Anzeichen für Versagensängsten zählen häufig diverse psychosomatische Symptome, wie beispielsweise Bauchschmerzen, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Durchfall, Schweißausbrüche und ausgeprägte Nervosität. Vermeidungsverhalten, also der Drang, der angstauslösenden Situation zu entfliehen, ist ebenfalls ein Anzeichen für Versagensängste.

Hilfe und Unterstützung bei Versagensängsten

Um die Versagensängste des Kindes oder Jugendlichen bearbeiten und bewältigen zu können, ist es zunächst wichtig, herauszufinden was die Versagensängste begründet. Betroffene sollten sich die Frage stellen, ob die Versagensängste durch eine schulische Überforderung oder die hohen Leistungserwartungen der Eltern / des sozialen Umfelds verursacht werden.

Im Fall einer schulischen Überforderung ist es wichtig herauszufinden, ob eine Leistungs- oder Lernschwäche vorliegt. Dies kann anhand diverser Tests, die in einem spezialisierten Zentrum (z. B. Kaleido Ostbelgien, Kompetenzzentrum des ZFP) ermittelt werden. Möglicherweise liegt der schulischen Überforderung des Kindes oder Jugendlichen aber auch eine unzureichende Arbeits- und Lernmethodik zugrunde. In diesem Fall kann es hilfreich sein, die Unterstützung von Fachleuten (z. B. Schulpsychologen) zu suchen. Diese können gemeinsam mit dem Kind oder Jugendlichen analysieren, was die Schwierigkeiten begründet und Methoden zur Verbesserung der Arbeits- und Lernmethodik vorschlagen. 

Wenn die Versagensängste des Kindes oder Jugendlichen durch zu hohe oder unerfüllbare Leistungserwartungen seitens der Eltern verursacht werden, kann es hilfreich sein, ein Familiengespräch zu führen. Fachleute (z. B. Psychologen) können den Betroffenen und seine Familie bei diesem Gespräch unterstützen und mit Methoden und Tipps zur Seite stehen.

Literaturangaben

Berufsverbänden und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz, www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org, Online (zugegriffen am 25.05.2022)