Kinder brauchen Spiel-Räume
Um nach Herzenslust zu spielen, brauchen Kinder Spiel-Räume, die sie auch nach eigener Vorstellung und Fantasie nutzen können. Das heißt für Sie als Eltern: Richten Sie Ihre Wohnung darauf ein, dass Sie ein entdeckungs- und spielfreudiges Familienmitglied haben. Spätestens, wenn Ihr Kind auf eigenen Füßen steht, wird es Stück für Stück die Wohnung entdecken.
Lassen Sie Ihrem Kind dabei so viel Freiheit wie möglich:
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Machen Sie Ihre Wohnung „kindersicher“, indem Sie mögliche Risiken und Gefahrenquellen entfernen oder entschärfen.
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Bringen Sie die Dinge außer Reichweite Ihres Kindes, die Ihnen besonders wichtig sind.
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Zeigen Sie Ihrem Kind am besten auch von Anfang an, wo Ihre persönlichen Grenzen liegen (zum Beispiel „Wasserspiele“ nur im Bad, in der Küche oder draußen).
Und bedenken Sie: Einen sicheren Lebensraum für Ihr Kind schaffen, heißt auch, es vor einer Überflutung mit Reizen zu schützen, beispielsweise durch Fernsehen oder Computerspiele.
Das Chaos aushalten ...
Dass es bei den kindlichen Entdeckungsreisen und Spielabenteuern zu Chaos in der Wohnung kommt, ist oft nicht zu vermeiden. Eine Umgebung, in der immer alles schön aufgeräumt sein muss und nichts angefasst werden darf, ist für Kinder nicht nur langweilig, es bremst auf Dauer auch ihre natürliche Neugier und ist somit wenig förderlich für ihre Entwicklung. Kinder wollen und müssen Dinge entdecken, erforschen, anfassen. So manches Regal wird ausgeräumt, kaum eine Schublade bleibt zu. Während Mutter oder Vater versucht, das eine Chaos zu beseitigen, ist meist das nächste schon angerichtet.
Versuchen Sie, zumindest in der „Kleinkindphase“, die Ansprüche an eine „perfekte Ordnung“ etwas zurückzunehmen. Bekennen Sie sich zum Chaos! Wer es schafft, sich auf das Nötigste zu konzentrieren und den Rest zu ertragen, schont seine Kräfte. Positiver Begleiteffekt: Sie haben selbst viel mehr Zeit zum Spielen.
Spiel- und Bewegungsräume im Freien
Auch die tollsten Spielräume in der Wohnung reichen insbesondere größeren Kindern früher oder später nicht mehr aus. Kinder wollen nach draußen, wollen Neues entdecken und sich austoben können.
Auf dem Land bieten sich hier nach wie vor viele Möglichkeiten. Viele Menschen haben einen eigenen Garten oder die Natur direkt „vor der Haustür“. In der Stadt ist das schon sehr viel schwieriger. Der Verkehr lässt es nicht zu, dass auf den Straßen gespielt wird, Spielplätze sind oft überfüllt oder verschmutzt, in vielen Parks ist „Betreten des Rasens verboten!“. Lassen Sie sich nicht entmutigen:
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Machen Sie doch vielleicht einmal einen Ausflug auf einen Bauspielplatz.
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Fahren Sie mit dem Fahrrad zu einem etwas weiter entfernten Spielplatz, der andere Spielmöglichkeiten bietet als der „Hausspielplatz“.
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Nutzen Sie die Wochenenden, um ab und zu mit der ganzen Familie aus der Stadt hinaus in die Natur zu fahren, damit ihr Kind einmal nach Herzenslust durch den Wald laufen und durch Bäche waten kann.
Doch bedenken Sie auch: Spielräume, in denen Kinder Neues entdecken und ausprobieren könnten, müssen nicht immer so idyllisch aussehen, wie wir uns als Erwachsene das vielleicht vorstellen. Auch ein städtischer Hinterhof ohne Autoverkehr kann im kindlichen Spiel zur Kulisse spannender Abenteuer und Entdeckungsreisen werden – Hauptsache, man lässt die Kinder machen!
Achtung: Denken Sie immer an einen ausreichenden Sonnenschutz für Ihr Kind!
Kinder brauchen genügend Zeit zum Spielen
Spielgruppe, Musikunterricht, Kunstschule und Fußballverein – so manches Kind hat schon im jungen Alter einen vollen Terminkalender. Die Eltern meinen es meist gut mit ihrem Kind, wollen ihm Anregungen und Abwechslung bieten. Doch manchmal meinen es Eltern auch ZU gut. Kinder brauchen sehr viel Zeit und Muße zum freien Spielen.
Sonst fühlen sie sich schnell überfordert, zeigen Anzeichen von Stress und werden unglücklich.
Gerade nach einem langen Tag in der Kita genießen es viele Kinder, sich zu Hause erst einmal in eine Spielecke zurückzuziehen. Sie möchten in aller Ruhe die Erlebnisse des Tages im Spiel verarbeiten, sich ungestört mit dem eigenen Spielzeug befassen oder sich einfach mit einem Buch oder einer CD entspannen.
Deshalb: ein, höchstens zwei feste Termine in der Woche – mehr sollte es nicht sein. Denn oft kommen ja noch weitere Termine hinzu: Arztbesuche, die Verabredung mit der Freundin oder dem Freund, der Gang in die Tierarztpraxis.
Und haben Sie keine Angst davor, Ihr Kind könnte sich langweilen – Langeweile darf auch mal sein; sie ist oft der Boden, auf dem eine neue Spielidee wächst!
Kinder brauchen Anteilnahme an ihrem Spiel
Kindern Freiräume und Muße zu lassen, damit sie ungestört und „in eigener Regie“ spielen können, bedeutet allerdings nicht, sie einfach sich selbst zu überlassen. Kinder brauchen und wünschen sich unsere Begleitung und unseren Schutz; sie benötigen die Ermunterung, das Interesse und die Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen. Wenn sie erleben, dass ihr Spiel auch bei anderen auf Interesse stößt, spornt dies ihre Kreativität an. Ohne dieses „Echo“ versiegt ihr Interesse oft schnell.
Deshalb wünschen sich kleine wie große Kinder, dass ihr „Werk“ betrachtet, begutachtet, wertgeschätzt wird, wenn sie im Spiel etwas geschafft oder geschaffen haben:
Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie sich für das, was es tut, interessieren.
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Loben Sie es für seine Ausdauer, für den tollen Turm aus Bausteinen, für das schöne Bild mit den bunten Blumen.
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Allerdings sollte jedes Lob auch „echt“ sein. Auch Kinder haben bereits ein feines Gespür dafür, ob sie übertrieben und eher nebenbei oder von Herzen und mit wirklicher Anteilnahme gelobt werden.
Kinder brauchen Anregungen
Bei genügend altersgemäßen Anregungen und Beschäftigungsmöglichkeiten suchen sich Kinder am liebsten selbst aus, wann und womit sie sich beschäftigen möchten.
Wenn das Kind eine Behinderung hat, kann es allerdings sein, dass es besondere Anreize und Anleitung beim Spielen braucht. Doch auch sonst brauchen Kinder manchmal einfach einen kleinen Anstoß, um in ein Spiel zu finden:
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Schlagen Sie Ihrem Kind ein Spiel vor oder erinnern Sie es daran, dass es doch diese oder jene Sache noch zu Ende bringen wollte („Du wolltest doch noch die Puppe füttern.“ „Wolltest du nicht noch das Bild für Oma zu Ende malen?“).
Auch wenn das Spiel zwischendurch in eine „Sackgasse“ gerät und Ihr Kind nicht mehr weiter weiß, hilft oft eine kleine neue Anregung oder etwas Unterstützung.
Mit zunehmendem Alter suchen Kinder aber auch mehr und mehr nach Aufgaben, an denen sie sich „bewähren“ können. Solche „Herausforderungen“ erfolgreich zu meistern, stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstwertgefühl. Schon bei Drei-, Vierjährigen wird das oft sehr deutlich. Da ist es schön, wenn Sie Ihrem Kind auch ab und zu besondere Anregungen und Herausforderungen bieten:
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Aufgaben wie gemeinsam das Fahrrad zu reparieren, das Spielzeugregal zu streichen oder das Dessert zuzubereiten machen Kindern Spaß, stärken ihr Selbstbewusstsein und fördern ihre Selbstständigkeit.
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Gerade etwas älteren Kindern können Sie eine große Freude machen, wenn Sie ihnen hin und wieder etwas nicht so Alltägliches bieten: ein Besuch im Zoo, eine Busfahrt quer durch die Stadt, ein Kino- oder Theaterbesuch, ein Nachmittag im Wald oder ein Wochenende auf dem Bauernhof.
Solche und ähnliche Unternehmungen können zu unvergesslichen Erlebnissen werden und eine Menge neuer Spielanregungen liefern.
Kinder brauchen Spielgefährten
Kinder brauchen Kinder zum Spielen. Wenn Ihr Kind ohne Geschwister aufwächst, sollten Sie ihm möglichst viel Gelegenheit bieten, gleichaltrige Spielkameraden zu finden. Bei jüngeren Kindern ist es notwendig, Kontakte zu anderen Kindern anzubahnen und zu pflegen, etwa indem Sie andere Kinder zu sich nach Hause einladen oder sie besuchen, sich auf dem Spielplatz verabreden oder sich einer Spielgruppe anschließen.
Auch wenn Ihr Kind eine Behinderung hat, ist das gemeinsame Spielen mit anderen Kindern – zum Beispiel in Spielkreisen, Spielgruppen oder Kindergärten – wichtig. Es kann hierbei Erfahrungen machen, die es zu Hause nicht sammeln kann, und lernt neues und anderes Spielen. Vor allem Kinder mit Lernverzögerungen lernen im gemeinsamen Spiel viel durch Nachahmen. Umgekehrt erlebt ein Kind ohne Behinderung in integrativen Gruppen, dass manche Kinder in ihren Ausdrucksmöglichkeiten, ihrem Tempo oder ihren Fähigkeiten zwar anders sein können, aber ebenso gute Spielgefährten und Freunde werden können.
Kinder brauchen (gar nicht so viel) Spielzeug
Kinder unter zwei Jahren brauchen im Grunde genommen überhaupt kein Spielzeug. Sie spielen mit allem, was sie ergreifen können – ob Schlüsselbund (Achtung: Verletzungsgefahr am Kiefer!), Plastikflasche oder irgendeine Schachtel.
Mit der Zeit häufen sich ohnehin allerlei gut gemeinte Sachen an: Spielzeug zum Schütteln, Ziehen, Stecken und Stapeln und viele bunte Teile aus Holz oder Plastik, später dann Autos, Puppen und kleine Figuren mit allerlei Zubehör.
Zu viel Spielzeug kann ein Kind aber überfordern. Achten Sie darauf, dass das Spielzeug dem Entwicklungsstand Ihres Kindes angepasst ist, damit es weder unter- noch überfordert wird. Viele verschiedene Dinge irritieren das Kind, stören seine Aufmerksamkeit, und die Konzentration geht schnell verloren. Auch ältere Kinder wissen oft vor lauter Spielzeug gar nicht mehr, was sie spielen sollen, und verlieren am Ende die Lust am Spielen. (Stand: 15.7.2020)