Kaleido Ostbelgien


Stillen in besonderen Situationen

Kann ich gleich nach dem Kaiserschnitt stillen? Was ist bei Mehrlingen zu beachten? Oder im Falle von körperlichen Besonderheiten?

Kaiserschnitt

Sitzen und Drehen ist nach einem Kaiserschnitt manchmal schwierig und das erste Anlegen unbequem. Das sollte sie aber nicht davon abhalten, Ihr Kind kurz nach der Geburt zu stillen. In dieser Situation wird die Rugbyball-Position empfohlen. Hier liegt das Baby nicht auf dem Bauch der Mutter. Außerdem kann die Mutter das Kind so gut sehen. Lassen Sie sich vom Krankenhauspersonal dabei helfen.

Auch mit Kaiserschnitt sollten Sie so bald wie möglich Hautkontakt mit dem Baby herstellen (Rugbyball-Position). Dies bewirkt, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht und Sie weniger Blut verlieren. Der direkte Haut-zu-Haut-Kontakt begünstigt die Bindung mit dem Baby und den Anstieg des Stillhormons Prolaktin. Bis die Mama verfügbar ist, kann der Papa den wichtigen Haut-zu-Haut-Kontakt geben.

Wenn Sie im Voraus wissen, dass das Kind per Kaiserschnitt geboren wird, besprechen Sie die Narkosemethode mit Ihrem Arzt. Bei einem geplanten Kaiserschnitt mit Periduralanästhesie können Sie Ihr Baby schnell anlegen. Kam es zu einem Notkaiserschnitt unter Vollnarkose, besprechen Sie mit Ihrem Anästhesisten, wann Sie Ihr Kind stillen können.

Nach einem Kaiserschnitt tritt die Milchproduktion meist etwas verzögert ein. Das liegt an Wasserablagerungen (durch die Infusionen) in Händen und Füßen, die erst abschwellen müssen und am veränderten hormonellen Ablauf.

Kinder unterschiedlichen Alters stillen (Tandemfütterung)

Aus medizinischer Sicht gibt es nur selten Einwände gegen das Stillen eines Kindes während einer weiteren Schwangerschaft.

Zu beachten ist, dass die Milchproduktion der Mutter ab der Hälfte einer neuen Schwangerschaft abnimmt. Dies ist kein Problem, wenn zu diesem Zeitpunkt das ältere Kind mit der Beikost beginnt.

Aufgrund der Schwangerschaft können die Brustwarzen der Mutter wieder empfindlicher sein.

Nach der Geburt des Kindes können Sie entscheiden, ob Sie das ältere Kind weiter stillen möchten.  Hier sollte das Baby aber Vorrang haben. Es muss ausreichend lange trinken, bevor die Brust dem älteren Kind angeboten wird. Auf diese Weise fühlt sich das Geschwisterkind nicht ausgeschlossen.

Frühchen stillen

Für Frühgeborene ist das Stillen sehr wichtig. Die Mutter produziert noch wenig Milch, diese ist jedoch kalorienreich und enthält hohe Konzentrationen an Antikörpern, Proteinen und Spurenelemente. Die Muttermilch ist an die Bedürfnisse des Babys ab der 32. Schwangerschaftswoche angepasst.

Darum brauchen Frühchen Muttermilch:

- Die Antikörper in der Muttermilch sind sehr wichtig, da ein Baby noch nicht in der Lage ist, diese Schutzstoffe selbst zu produzieren. Pudermilch enthält keine Antikörper.

- Muttermilch ist leicht verdaulich und belastet das empfindliche Verdauungssystem eines Frühchens nicht. Verschiedene Substanzen in der Muttermilch fördern außerdem die Reifung des Darms.

- Stillen schützt vor Infektionen und Darmproblemen und ist deswegen von besonderer Bedeutung für ein frühgeborenes Baby.

Bei einem sehr leichten oder kleinen Baby wird der Kinderarzt eventuell entscheiden, zusätzlich zur Muttermilch Nahrungsergänzungsmittel zu geben.

Einige Frühgeborene sind stark genug, um an der Brust zu saugen. Wenn dies nicht der Fall ist, muss die Milch abgepumpt werden. Das Frühgeborene wird dann die Milch über eine Infusion, Sonde, Tasse oder Flasche erhalten. Wie ein Frühchen ernährt wird, hängt vom Entwicklungsstand, dem Gewicht und der Gesundheit des Babys ab. Der Saug-Schluck-Reflex entwickelt sich erst nach 32 Schwangerschaftswochen. Wenn ein Frühchen Anzeichen zeigt, an der Brust saugen zu wollen, geben Sie ihm die Chance.

Regelmäßiger Haut-zu-Haut-Kontakt ist in der Regel möglich und ist für das Stillen und die Bindung wertvoll. Das Baby wird mit nur einer Windel bekleidet auf die nackte Brust der Eltern gelegt und dann warm zugedeckt.

Zwillinge stillen

Die mütterliche Milchproduktion stellt sich auf die Nachfrage ein: Zwillinge trinken häufiger, so dass in diesem Fall auch mehr Milch produziert wird.

Zwillinge wollen anfangs nicht immer zur gleichen Zeit trinken. Dies gibt der Mutter Gelegenheit, sich an das Stillen zu gewöhnen und die Unterschiede im Trinkverhalten der Kinder kennenzulernen. Es ist wichtig, den Rhythmus beider Kinder zu kennen. Einige Mütter füttern ihre Zwillinge auf Anfrage, andere in regelmäßigen Abständen. Die Mutter entscheidet, was machbar ist. Mit etwas Übung können beide Kinder gleichzeitig gefüttert werden. Dies ist weniger zeitaufwendig und eine gute Möglichkeit, wenn beide Kinder zur gleichen Zeit trinken möchten.

Bitten Sie Familienangehörige und Freunde um Hilfe. Die Mutter sollte in der Lage sein, dem Lebensrhythmus der Babys zu folgen und sich selbst ausreichend auszuruhen.

Wenn es nicht möglich ist, Zwillinge vollständig zu stillen, ist eine Kombination aus Stillen und fertiger Milchnahrung möglich.

Es gibt verschiedene Positionen für das gleichzeitige Anlegen von Zwillingen:

Die Rugby-Position (oder Fußballerposition): Jedes Kind liegt an einer Seite der Mutter, Körper und Beine nach hinten.

Die parallele Position: ein Baby liegt in normaler Sitzposition und das zweite Baby liegt neben der Mutter unter dem Arm (in der Rugby-Position).

Die Kreuzhaltung: Das erste Baby liegt in normaler Sitzposition und das zweite liegt kreuzweise über dem ersten Baby. 

Lippenspalte oder Gaumenspalte

Stillen bietet viele Vorteile für Kinder mit einer Lippen- oder Gaumenspalt

  • Zusätzliche Risiken von Ohr- und Atemwegsinfektionen werden reduziert.
  • Muttermilch enthält Wachstumsfaktoren und beschleunigt die Heilung der Wunde nach der Operation.
  • Das weiche Brustgewebe legt sich besser an die Mundlücke an als bei einer Flaschenfütterung mit Sauger. Auch schmerzt eine frisch operierte Spalte weniger, wenn das Baby an der Brust trinkt.
  • Das Trinken an der Brust trainiert die Gesichts- und Mundmuskulatur.

Wie einfach oder schwierig das Stillen eines Kindes mit Lippen- oder Gaumenspalte wird, hängt auch vom Schweregrad der Fehlbildung ab. Informieren Sie sich bei einem Arzt oder einer Hebamme , wenn Sie Ihr Kind stillen möchten.

Das Stillen ermöglicht Ihnen, sich Ihrem Kind ganz nah zu fühlen und die Schwierigkeit bei Ihrem Kind besser zu akzeptieren.

Chirurgie an den Brüsten

Ob in diesem Fall das Stillen möglich ist, hängt von der Art der Operation ab.

Wichtig ist die Empfindlichkeit der Brustwarze und des Warzenhofes sowie die Gesundheit der Milchgänge und des Drüsengewebes. Sind diese Bedingungen erfüllt, ist Stillen in der Regel möglich. Sind die Milchgänge durch einen Eingriff gekappt oder der vierte Interkostalnerv verletzt, ist das Stillen nicht mehr möglich. Ist nur eine Brustseite operiert, kann an der anderen Brust gestillt werden.

Im Falle einer Brustoperation sollten Sie bereits während der Schwangerschaft ärztlichen Rat einholen. Gegebenenfalls kann man auch mit dem Ärzteteam in Verbindung treten, das die Operation durchgeführt hat.

Eine Stillberaterin kann Ihnen Tipps geben sowohl für die Vorbereitung aufs Stillen wie für das Stillmanagement nach der Entbindung. Teilen Sie es auf jeden Fall mit, wenn Sie operiert wurden. Nur so kann eine Begleitung des Stillens gelingen.

Junge Frauen, die noch einen Kinderwunsch haben und zu einem späteren Zeitpunkt stillen möchten, sollten diese Aspekte vor einer Operation besprechen.

Brustwarzen-Piercing

Manche Frauen entscheiden sich für ein Brustwarzenpiercing, bevor sie an eine Schwangerschaft oder ans Stillen denken.

Grundsätzlich ist das Stillen auch nach der Entfernung eines Piercings möglich. Problematisch wird es in den wenigen Fällen, in denen eine Vernarbung den Milchspendereflex stört. Es kann passieren, dass aus den Einstichstellen des Piercings etwas Milch tropft. Zudem kann die Milchproduktion gehemmt sein, wenn beim Piercen Nerven beschädigt wurden. Viele Frauen stillen jedoch auch mit gepiercten Brustwarzen ganz ohne Probleme. Natürlich muss das Piercing vor dem Stillen entfernt werden.

Frauen, die stillen möchten, sollten das Piercing bereits zu Beginn der Schwangerschaft entfernen. Wurde das Piercing rechtzeitig entfernt, sollte das Loch bis zum Zeitpunkt des Stillens richtig verheilt sein. Die Heilung des Stichs kann bis zu 12 Monate dauern. Wurden durch das Piercing Milchgänge verschlossen, führt dies manchmal zu einer Blockierung des Milchgangs. Dann ist das Risiko einer Brustentzündung erhöht und die tägliche Hygiene besonders wichtig.

Neugeborenen-Gelbsucht oder Hyperbilirubinämie

Zum Zeitpunkt der Geburt besitzt ein reifes Baby viele rote Blutkörperchen, welche nach und nach abgebaut werden. Dabei entsteht Bilirubin, ein Abfallstoff, den die Leber verarbeiten muss. Die Leber eines Neugeborenen ist aber noch nicht ganz ausgereift. So sammelt sich Bilirubin unter der Haut des Babys an. Dies gibt dem Kind einen gelben Teint, bis dieses Bilirubin abgebaut ist. Eine Neugeborenengelbsucht hat aber nichts mit der Gelbsucht (Hepatitis) eines Erwachsenen zu tun.

Eine solche physiologische Gelbsucht kann sich unabhängig davon entwickeln, ob ein Baby gestillt wird oder Flaschennahrung erhält. Das Kolostrum, die Muttermilch der ersten Tage nach der Entbindung, stimuliert die Darmtätigkeit und hilft, das Bilirubin schneller über den häufigen Stuhlgang aus dem Körper zu entfernen. Wiederholtes Stillen trägt ebenfalls dazu bei, Bilirubin schneller auszuscheiden.

Wenn sich in der Blutuntersuchung eine zu hohe Bilirubin-Konzentration herausstellt, hilft es meist schon, das Kind unter eine Lichttherapielampe zu legen. Dieses Licht sorgt für eine schnellere Ausscheidung des Bilirubins.

Ein Baby mit Gelbsucht kann schläfrig sein, was die Ernährung des Säuglings erschwert. Es schläft sehr schnell an der Brust ein und gibt ein falsch interpretiertes Zufriedenheitszeichen, obwohl es oft nicht genug trinkt. Hier ist regelmäßige Gewichtskontrolle wichtig. Holen Sie sich auch weitere Tipps bei Ihrer Hebamme oder Kaleido-Beraterin, um das Kind besser zu stimulieren oder die Position an der Brust anzupassen.

Tritt die Gelbsucht immer stärker oder erst ein bis zwei Wochen nach der Geburt auf, sind häufig weitere Untersuchungen beim Kinderarzt erforderlich.