Was bedeutet Mehrsprachigkeit?
Kinder erlernen in der Regel spielend leicht zwei oder mehrere Sprachen in den ersten Lebensjahren. Sie sind damit nicht überfordert, wenn ihr Umfeld dem positiv gegenübersteht und es genügend entwicklungsgemäße Sprachangebote und Anregungen gibt.
Bis zum 4. Lebensjahr ist der spontane Spracherwerb auch in mehreren Sprachen nahezu mühelos möglich. Das ist uns angeboren.
Kinder erwerben eine oder mehrere Sprachen in unterschiedlicher Weise. Man unterscheidet hier folgende Einteilungen:
Monolingualer Erstspracherwerb: das Kind wächst in der Familie einsprachig auf
Regionale Sprachvarianten: das Kind wächst in seiner Familie mit einem Dialekt auf, in der Schule lernt es Hochdeutsch
Bilingualer/simultaner/doppelter Erstspracherwerb: Das Kind wächst von Geburt an gleichzeitig mit zwei Erstsprachen auf.
Früher, sukzessiver Zweitspracherwerb (Bilingualismus): Das Kind wächst zuhause in einer Sprache auf und besucht einen anderssprachigen Kindergarten/Kinderkrippe.
Fremdspracherwerb: Das Schulkind lernt im Unterricht in der Schule eine Fremdsprache.
Kinder erlernen in der Regel spielend leicht zwei oder mehrere Sprachen in den ersten Lebensjahren. Sie sind damit nicht überfordert, wenn ihr Umfeld dem positiv gegenübersteht und es genügend entwicklungsgemäße Sprachangebote und Anregungen gibt. Bis zum 4. Lebensjahr ist der spontane Spracherwerb auch in mehreren Sprachen nahezu mühelos möglich. Das ist uns angeboren.
Von Anfang an zweisprachig
Wie verläuft die Sprachentwicklung bei mehrsprachigen Kindern? Hier unterscheiden wir zwischen den Kindern, die beide Sprachen von Geburt an gleichzeitig erwerben (bilingualer/doppelter/simultaner Erstspracherwerb) und denen, die die Sprachen nacheinander erlernen (sukzessiver Zweitspracherwerb).
Bei der ersten Gruppe werden Kinder von Geburt an mit zwei Sprachen groß. Dennoch ist es so, dass eine der beiden Sprachen sich häufig zu der dominanteren entwickelt, auch wenn beide gut beherrscht werden. Häufig ist das die Sprache, die von den meisten Menschen in der Umgebung des Kindes gesprochen wird.
Kinder, die von Geburt an zweisprachig aufwachsen, entwickeln zwei getrennte Sprachsysteme für die beiden Sprachen.
Die Sprachentwicklung verläuft in der Abfolge genauso wie bei einsprachig aufwachsenden Kindern. Lediglich der Wortschatz nimmt etwas langsamer an Umfang zu. Grund ist, dass das Kind durch die zwei Sprachen ja doppelt so viele Wörter lernen muss. Manchmal kommt es zu einer Mischung der beiden Sprachen. Wenn das Kind bspw. deutsch spricht, ihm aber ein Wort gerade nicht einfällt, füllt es diese Lücke mit dem Wort der anderen Sprache, bspw. französisch, wie z.B.: „Ich habe eine schöne robe.“
Wenn eine zweite Sprache hinzukommt
Bei der zweiten Gruppe wird die Zweitsprache etwas später erworben, bspw. wenn das Kind in den Kindergarten kommt. Hier ist der Verlauf der Sprachentwicklung in der zweiten Sprache vom Tempo her individuell sehr unterschiedlich, verläuft aber meistens nach folgendem Schema:
Kommt ein Kind in den Kindergarten, in dem eine Sprache gesprochen wird, die es bislang nicht kennt, wird das Kind zunächst in seiner Erstsprache weiterplappern. Ihm ist ja noch nicht bewusst, dass es im Kindergarten unter Umständen nicht verstanden wird. In einer zweiten Phase wird das Kind vermutlich recht still werden. Es wird vor allem zuhören und erweitert mit und mit sein Sprachverständnis. Bei jedem Spracherwerb ist es so, dass wir zunächst die Wörter verstehen müssen, bevor wir sie selber aktiv benutzen. In einer dritten Stufe wird das Kind sich in sehr kurzen, formelhaften Äußerungen mitteilen, wie z.B. „Ich auch.“ „Jacke an.“ „Bitte helfen.“ Erst in einer vierten und letzten Phase setzt es die neu erlernte Sprache zunehmend aktiver ein.
Insgesamt brauchen Kinder im sukzessiven Zweitspracherwerb länger als einsprachige Kinder oder simultan zweisprachige Kinder, bis ihre Sprachentwicklung auch in der zweiten Sprache im Groben abgeschlossen ist. Wichtig ist, dass sie so früh wie möglich in Kontakt mit der zweiten Sprache kommen und ausreichend Sprachkontakte in dieser Sprache haben. Sehr wichtig ist auch, dass beide Sprachen wertgeschätzt werden.
Worauf sollten Eltern achten:
- Eltern sollten mit Kindern in der Sprache sprechen, in der sie am sichersten sind, in der Regel ist das die Muttersprache.
- Es ist wichtig, dass beide Sprachen sauber getrennt werden, d.h. dass das Kind weiß, mit welchen Personen es welche Sprache spricht.
- Eltern sollten ihren Kindern in beiden Sprachen genügend Möglichkeiten geben, die Sprachen auch zu benutzen. Ist bspw. die Familiensprache arabisch und das Kind spricht im Kindergarten deutsch, so können Eltern in der Freizeit sowohl Kontakte mit arabisch sprechenden Kindern und Familien suchen als auch mit deutschsprachigen.
- Eltern sollten ihren Kindern die Zeit geben, die sie brauchen.
- Eltern, aber auch Personal in Kindergarten und Schule, sowie alle Beteiligten, sollten beide Sprachen des Kindes wertschätzen. Sprachen haben ein sehr unterschiedliches Ansehen. Kinder nehmen die verschiedenen Wertigkeiten häufig sehr sensibel wahr und es kann vorkommen, dass sie sich in einer Sprache sehr zurückziehen. Wichtig ist, dass die Umgebung des Kindes beiden Sprachen offen und positiv gegenübersteht.
Wenn Kinder sechs Jahre alt sind, werden Sprachen bereits nicht mehr so leicht erworben, wie im Kleinkindalter. Man kann sich das folgendermaßen vorstellen: Bei der Geburt sind alle Fenster weit geöffnet. Mit und mit füllen sich die Räume. Das Kleinkind saugt die Informationen mühelos auf, verarbeitet sie und speichert sie ab. Je älter das Kind wird, umso mehr schließen sich die Fenster. Das Hereinlassen einer Fremdsprache ist dann nicht mehr so einfach, denn das Gehirn ist jetzt auf die Erstsprache spezialisiert.
Ebenso wie bei der Sprachentwicklung von einsprachigen Kindern, können auch bei Mehrsprachigkeit Auffälligkeiten auftauchen, die die Eltern verunsichern. Sprach- und Sprechprobleme in einer oder in mehreren Sprachen, sollten immer beim Kinderarzt oder der Kinderärztin angesprochen und gegebenenfalls überprüft werden.