Kaleido Ostbelgien


Beziehungen, Familie und Freunschaften

Wir alle brauchen Beziehungen. Familie und Freundschaften sind für die meisten Kinder das Wichtigste für ein gutes Leben.

 

Beziehungen in der Kindergartenzeit

Bis zum Eintritt in den Kindergarten begrenzen sich die Beziehungen der Kinder meist auf die Familie (Eltern, Geschwister, Großeltern...) und die Kontakte in der Betreuung, zum Beispiel bei der Tagesmutter oder in der Kinderkrippe.

Im Alter von drei Jahren werden Kinder mit vielen neuen Menschen konfrontiert: In der Schule gibt es viele neue Gesichter: die pädagogischen Fachkräfte innerhalb des Schulalltages und das Betreuungspersonal in der außerschulischen Betreuung vor und nach der Schule, die Pausenaufsicht und natürlich all die anderen Kinder. Manche Kinder spielen nach der Schule bei Klassenkameraden und lernen dort neue Familien kennen, andere suchen ein erstes Hobby aus und treffen dort auf Leiter, Trainer und andere Kindergruppen. All diese sozialen Kontakte beeinflussen die kindliche Entwicklung. In diesem Alter bilden sich auch die ersten Freundschaften. Kinder bezeichnen aktuelle Spielpartner als Freunde. Diese Freundschaften können schnell wechseln.

In der Kindergartenzeit helfen sichere Beziehungen zu Bezugspersonen den Kindern, ihre starken Gefühle zu regulieren und auf sozial verträgliche Weise auszudrücken. Kinder lernen im Kindergartenalter, ihr Verhalten an die Situation anzupassen und mit ihren Emotionen angebracht umzugehen (das nennt man Impulskontrolle). Damit Kinder ihre Impulskontrolle trainieren, brauchen sie die Begleitung Erwachsener. Kinder können ihre Bedürfnisse, ihre Eindrücke und ihre Gefühle oft noch nicht sprachlich ausdrücken, deshalb reagieren sie emotional (z.B. weinen) und körperlich (z.B. hauen). Daher ist es wichtig, dass Eltern und Erzieher in Worten ausdrücken, was das Kind fühlt.

Beziehungen in der Primarschulzeit

Zum Ende des Kindergartens und zu Beginn der Primarschulzeit spielen auch Gleichaltrige eine immer größer werdende Rolle. Die Kinder identifizieren sich als “Klasse”, als “Jungengruppe“ oder “Mädchengruppe”. Dieses Dazugehörigkeitsgefühl ist für die Kinder sehr wichtig, sie fühlen sich in der Gruppe stark. Neben dem Gruppengefühl suchen Kinder in der Grundschulzeit nach neuen, festen Freunden. Jüngere Kinder (1. und 2. Schuljahr) haben manchmal eine sehr intensive Beziehung zu ihrem Kuscheltier oder ihrem Haustier und bezeichnen diese als besten Freund; diese Freunde können gut zuhören, Geheimnisse für sich behalten und sind jederzeit verfügbar. Sie geben ohne Worte Trost und Halt. Später wünschen Kinder sich jedoch mehr Interaktion in der Beziehung und wählen Freundschaften zu Gleichaltrigen.

Kinder sind relativ unerfahren im Aufbau von tiefen und dauerhaften Beziehungen und alle haben schon Erfahrungen mit Schwierigkeiten und Problemen in Freundschaften. Sie kennen Enttäuschung, Eifersucht und Vertrauensmissbrauch. Kinder brauchen hier den Erwachsenen, um ihre schmerzlichen Beziehungserfahrungen zu verarbeiten, sodass sie an ihnen wachsen können und neue Beziehungen eingehen.

In den letzten Jahren konnten wir beobachten, dass sich Kinder immer mehr drinnen beschäftigen und der Kontakt zu den anderen Kindern sich verändert hat. Früher trafen die Kinder sich nach der Schule draußen und spielten in der Nachbarschaft. Heute verabreden sie sich im Netz und treffen ihre Freunde dort. Echte Begegnungen sind jedoch ganz wichtig, um tiefgehende Beziehungen aufzubauen.

Beziehungen in der Familie

Unsere Welt wird bunter und mit ihr auch Familienkonstellationen. Immer mehr Kinder leben nicht bei ihren beiden leiblichen Eltern. Die familiären Beziehungen ändern sich auf vielfältige Art und Weise, und so gibt es neben den Eltern und Geschwistern auch Stiefeltern, Halb- und Stiefgeschwister und unterschiedliche Lebensumfelder. Schwierig wird dies erst dann für die Kinder, wenn diese Konstellationen oft wechseln und sie wenig langfristige, feste Beziehungen aufbauen können. Denn sichere Bindungen zu festen Bezugspersonen sind Voraussetzungen für eine gute Entwicklung der Selbstständigkeit und des Selbstvertrauens.

Beziehungen aufrecht erhalten, trotz – oder gerade wegen – der Distanzregelungen

Glücklicherweise sind wir mittlerweile zu einer Realität mit Nähe zurückgekehrt. Aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie haben wir jedoch wichtige Dinge gelernt.  

Es ist ganz wichtig, den Kontakt zu den Menschen zu aufrechtzuhalten, die uns am Herzen liegen und die wir, wie während der Lockdowns, nicht treffen können. Eltern sollten offen mit ihren Kindern über Sinn und Zweck der Kontaktverbote sprechen, ohne ihnen dabei Angst zu machen. 

Alternative Möglichkeiten des Kontaktes und die Suche nach kreativen Lösungen, um so viel Normalität wie möglich für Ihr Kind beizubehalten, zahlen sich aus. Statt die Oma zu besuchen, können Sie anrufen oder einen Videochat planen. Ihr Kind kann von seinem Alltag erzählen, die Großeltern können vorlesen oder konkret bei den Hausaufgaben helfen. Manche Spiele (z. B. Schiffe versenken) lassen sich auch per Telefon spielen. Wenn Sie den Geburtstag bei einem Spaziergang oder einer Fahrradtour feiern, wird das Ihrem Kind großen Spaß machen und tolle Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Geburtstag hinterlassen. Gute Beziehungen, die wir während diesen Zeiten pflegen und aufrechterhalten, helfen uns, die konkreten Kontakte nach der Unterbrechung wieder fortzuführen. 

Falls der Präsenzunterricht ausgesetzt wurde oder wird, ist es für Kinder wichtig, den Kontakt zur Klassenleitung aufrechtzuerhalten. Das motiviert für das Lernen im Homeschooling und erleichtert die Rückkehr in den Schulalltag. Auch beim Lernen läuft – so wie überall – ganz viel über Beziehung.