Kaleido Ostbelgien


Wie Kinder Medienkompetenz erlangen

Viele Kinder lernen intuitiv, Medien zu bedienen und zu nutzen. Doch Medienkompetenz bedeutet mehr als zu wissen, welche Knöpfe man drücken muss.

Kennen Sie das? Ihre Tochter bedient mit größter Selbstverständlichkeit das Ausmalprogramm im Internet, ohne dass es ihr jemand erklärt hätte. Mit dem Smartphone kennt sich Ihr Sohn besser aus als Sie selbst. Und eine App auf Ihrem Tablet zu bedienen, ist schon für die Kleinsten ein „Kinderspiel“. 

Um zu lernen, wie all diese Geräte zu bedienen sind, brauchen Ihre Kinder Sie schon bald nicht mehr. Dadurch, dass die meisten Kinder schon früh mit Medien in Berührung kommen, haben sie einen ganz selbstverständlichen Umgang damit. Sie probieren einfach aus und lernen dabei ständig dazu – wie Menüs funktionieren, wie man mit der Maus umgeht, wozu die Knöpfe an der Fernbedienung da sind.  

Medienkompetenz ist mehr als Knöpfe drücken 

Doch das, was Kinder für einen sinnvollen Umgang mit Medien brauchen, ist sehr viel mehr – Fachleute nennen es „Medienkompetenz“. Dabei geht darum, dass Kinder lernen, 

  • für sich selbst Sinnvolles und Interessantes aus dem großen Medienangebot auszuwählen, statt wahllos zu konsumieren, 

  • die Inhalte einzuordnen und zu verarbeiten, 

  • Medienangebote und Werbung kritisch zu beurteilen, 

  • Medienbotschaften zu hinterfragen und sich nicht von der Anziehungskraft von Medienklischees einfangen zu lassen, 

  • Medien auch dazu zu nutzen, kreativ zu sein und sich mit anderen auszutauschen. 

All dies lernen Kinder nicht von allein: Sie brauchen hierbei die Begleitung der Eltern oder anderer Erwachsener, also das, was man unter Medienerziehung versteht. 

 

Regeln und Grenzen der Medienerziehung 

Einen sinnvollen Umgang mit Medien zu lernen, ist ein Prozess. Dieser Lernprozess muss in kleinen Schritten erfolgen, wenn das Kind nicht überfordert werden soll. Alles, was aus dem Fernseher, dem Computerspiel oder aus anderen Medien auf kleine Kinder einströmt, kommt zunächst „ungefiltert“ bei ihnen an. Sie müssen erst noch lernen, wie sie das Gesehene und Erlebte einordnen und wie sie damit umgehen können. Und sie müssen auch noch lernen, sich trotz aller Anziehungskraft der Medien auch wieder mit anderen Dingen zu beschäftigen. Zu einer guten Medienerziehung gehört deshalb, das Kind vor einer Überforderung durch Medien zu schützen. 

Dabei stellt sich zunächst die Frage, wann überhaupt welche Medien für Kinder geeignet sind. Wie Kinder Medien nutzen, wahrnehmen, verstehen und interpretieren hängt von ihrem Entwicklungsstand und ihren Medienerfahrungen sowie – vor allem bei älteren Kindern – auch von der aktuellen Lebenssituation ab. Entsprechend unterscheidet sich auch das „geeignete“ Einstiegsalter. Es gibt aber verschiedene Empfehlungen, die unter anderem von der „3-6-9-12“-Regel aufgegriffen werden. Diese schlägt folgende Richtwerte vor: 

  • Keine Bildschirmmedien unter 3 Jahren 

  • Keine eigene Spielekonsole vor 6 Jahren 

  • Keine unbeaufsichtigte Computer-/Internetnutzung vor 12 Jahren 

Wenn Sie sich als Eltern entschieden haben, dass Ihr Kind bestimmte Mediengeräte nutzen und Medieninhalte konsumieren darf, bedarf es weiterer klarer Regeln, zum Beispiel wie viel und wie lange es fernsehen oder am Computer spielen darf, welche Sendungen es sehen und welche Spiele es spielen darf usw. Mit zunehmendem Alter kann und sollte das Kind dann immer mehr in die Entscheidungen miteinbezogen werden, zum Beispiel bei der Auswahl von Spielen und Sendungen. So kann es in kleinen Schritten zu einem immer selbstständigeren Umgang mit Medien finden. 

 Kinder dürfen Medien entdecken 

Kinder sollten die Chance haben, die Welt der Medien, in der sie aufwachsen, in ihrer Vielfalt zu entdecken. Für Kinder im Vorschulalter heißt das vor allem, dass sie im Alltag Gelegenheit haben sollten, zusammen mit Vater oder Mutter die Angebote und Möglichkeiten der verschiedenen Medien zu erkunden – insbesondere dann, wenn Kinder von sich aus Interesse daran zeigen.  

Schön ist es, wenn Kinder von Anfang an erleben können, dass zum Beispiel ein Computer vielfältig genutzt werden kann, also nicht nur zum Konsumieren von Spielen oder Filmen, sondern auch auf aktive Weise: zum Bearbeiten von Fotos, zum Gestalten von Karten, zum Austausch mit anderen usw. Dabei geht es natürlich nicht darum, dass schon die Kleinsten wissen, wie man das alles macht, sondern einfach nur darum, dass sie einen Eindruck von der Vielfalt der Möglichkeiten bekommen: „Schau mal, wir haben eine E-Mail von Tante Lena bekommen!“, „Komm, wir drucken ein Ausmalbild für dich aus“, „Guck mal, das sind unsere Fotos vom Urlaub – die müssen wir aber alle noch drehen“ usw. 

Medienerziehung braucht Ihr Interesse 

Medienerziehung ist aber mehr als Regeln. Kinder wollen ernst genommen werden – auch in ihren Interessen und Vorlieben beim Fernsehen oder am Computer. Wer ohne genauer hinzusehen alle modernen Medien und ihre „Helden“ verurteilt und wer nur verbietet, ohne sich auszukennen, nimmt nicht nur die Interessen seines Kindes nicht ernst, sondern wird auch irgendwann selbst nicht mehr ernst genommen werden.  Viel besser ist es, sich als Eltern auf das einzulassen, was das Kind interessiert und beschäftigt. Dann wird es sich umgekehrt auch an seine Eltern wenden, wenn es sich durch Gesehenes oder Erlebtes überfordert fühlt. 

Tipp: Lassen Sie sich die Lieblingssendungen und -spiele Ihres Kindes zeigen! Machen Sie einfach mal mit! Und haben Sie keine Scheu zuzugeben, dass Sie etwas nicht kennen oder nicht wissen, wie es funktioniert – lassen Sie sich stattdessen ruhig einmal von Ihrem Kind als „Experten“ etwas erklären. 

Und wenn Ihnen etwas nicht gefällt, was Ihr Kind sich ansehen oder am Computer spielen will, dann erklären Sie ihm, was ihnen daran nicht gefällt und warum. Dabei lernt auch Ihr Kind, Medienangebote zu bewerten und kritisch damit umzugehen. 

Ein gutes Vorbild ist die beste Medienerziehung 

Den Umgang mit Medien erlernen Kinder vor allem in der Familie – von Ihnen als Eltern sowie von älteren Geschwistern. Was Eltern vorleben, wird von den Kindern allzu schnell übernommen: Wenn Eltern fast ihre gesamte Freizeit vor dem Computer oder Fernseher verbringen, wird das Kind nur schwer einsehen, warum es zum Spielen nach draußen gehen oder sich mit Freunden treffen soll. Wenn es Erwachsenen schwerfällt, den Fernseher auszuschalten, dann ist es verständlich, dass sich auch das Kind einfach nicht von der „Mattscheibe“ lösen kann und will.  

Deshalb ist es wichtig, dass Eltern ihrem Kind „mit gutem Beispiel vorangehen“ und ihm zeigen, dass Medien nur einen Teil des Lebens ausmachen und es noch viele andere schöne und wichtige Dinge gibt.  

Das Vorbild der Eltern zählt übrigens auch bei der Auswahl der Medien: Kinder übernehmen in hohem Maße die Bewertung von Sendungen und Beiträgen durch ihre Eltern. Eltern haben auch mit dem, was sie sich selbst anschauen, einen starken Einfluss darauf, welche Sendungen ihr Kind sieht und was es davon hält. 

Auch in der Medienerziehung gibt es kein Patentrezept 

Medienerziehung hat keine eigenen Regeln, sondern ist Teil der Erziehung im Allgemeinen. Wenn Eltern zum Beispiel ihrem Kind in anderen Dingen schon sehr viel Eigenständigkeit zutrauen und seine Selbstständigkeit fördern, sollten sie das auch in Sachen Mediennutzung tun, natürlich immer abhängig von den aktuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kindes. 

Um zu wissen, was Eltern ihrem Kind zutrauen können und wo sie besser lenkend eingreifen sollten, müssen sie ihr Kind beobachten und im Austausch mit ihm sein. Vielleicht kann das Kind ja tatsächlich ohne Probleme gleichzeitig ein Buch anschauen und Musik hören – vielleicht reagiert es aber auch aggressiv und unausgeglichen, wenn zu viele Beschäftigungen gleichzeitig laufen. Vielleicht schaut ein Kind von selbst schon weg, wenn es eine Szene im Fernsehen beängstigend findet – vielleicht schaut es aber auch gebannt hin und kann nachher nicht einschlafen. 

Jedes Kind ist anders – deshalb gibt es in der Medienerziehung genauso wie in anderen Bereichen der Erziehung keine Patentrezepte. Jede Familie muss in Abhängigkeit von allen Beteiligten zu ihren eigenen Regeln finden, die auch immer wieder überprüft und an den Entwicklungsstand der Kinder angepasst werden müssen. (Stand: 18.10.2020)